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Herausforderungen in der Nutztierhaltung

Ziel der bayerischen Staatsregierung ist es, den tierhaltenden Betrieben verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit zu bieten und so die regionale Erzeugung zu stärken.

Rinderhaltung

In der Rinderhaltung stehen freie Bewegung und das Ermöglichen natürlicher Verhaltensweisen an vorderster Stelle der Anstrengungen für mehr Tierwohl. Moderne, großzügige Laufställe mit verschiedenen Funktionsbereichen (Liegen, Laufen, Fressen, Melken) können diese Anforderungen erfüllen. In Bayern, mit seiner bäuerlichen Familienbetriebsstruktur, hielten Ende 2021 noch ca. 35 % der LKV-Betriebe ihre Kühe in Anbindehaltung. Der Anteil der dort gehaltenen Kühe in Anbindung lag bei ca. 18 % (Quelle: Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e. V., LKV). Rd. 84 % der bayerischen Milchviehkühe bzw. 67 % der Milchviehbetriebe sind im LKV organisiert. Über alle Betriebe hinweg bestanden laut Landwirtschaftszählung 2020 in Bayern noch rd. 13 000 Betriebe mit Anbindehaltung. Die finanziell und beratend forcierte Umstellung der Betriebe auf Laufstallhaltung, aber auch ein kontinuierlicher Strukturwandel durch die überproportionale Aufgabe kleinerer Betriebe mit Anbindehaltung, erhöhen stetig den Anteil der Tiere in Laufställen. Bayern unterstützt darüber hinaus die Kombinationshaltung, bei der den Kühen zeitweise die Bewegung auf Weide, Laufhof oder in der Laufbucht ermöglicht wird. Über die Einzelbetriebliche Investitionsförderung (EIF) und im BaySL werden Betriebe bei der Umstellung zur Laufstallhaltung gefördert. Ergänzend dazu läuft eine Beratungsinitiative für Betriebe mit Anbindehaltung.

Schweinehaltung

Die stetig steigenden gesellschaftlichen Anforderungen an die Tierhaltung und die verschärften Rechtsvorgaben stellen insbesondere die relativ kleinstrukturierte, bäuerlich geprägte Ferkelerzeugung in Bayern vor große Herausforderungen. Nach der Umstellung der Haltung tragender Sauen auf Gruppenhaltung ab dem Jahr 2013 musste 2016 das Platzangebot in der Ferkelaufzucht erhöht werden. Die Auswirkungen auf die Struktur der Ferkelerzeugung waren erheblich.

Mit dem sogenannten Magdeburger Urteil zur Kastenstandhaltung von Sauen wurde ein übliches Verfahren zur Haltung von Sauen im Deckzentrum für nicht mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in Einklang stehend erklärt. Nach jahrelangen und intensiven Verhandlungen und Ringen um praxisgerechte Lösungen, wurde die siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Anfang 2021 verabschiedet. Nur durch erhebliche Anstrengungen ist es gelungen, ausreichende Rechts- und Planungssicherheit für den Erhalt der bäuerlichen Strukturen in der bayerischen Ferkelerzeugung durch entsprechende Übergangsfristen zu erreichen.

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) breitet sich seit einigen Jahren insbesondere Osteuropa aus und wurde im Herbst 2020 erstmals auch in Deutschland (Brandenburg und Sachsen) bei Wildschweinen nachgewiesen. Seit 2021 ist auch Mecklenburg-Vorpommern von der ASP betroffen. Die ASP ist eine Virusinfektion mit schwerwiegendem Krankheitsverlauf bei Schweinen. Diese verenden in nahezu allen Fällen innerhalb weniger Tage. Für Menschen ist das Virus ungefährlich. Auch der Verzehr von Schweinefleisch ist gesundheitlich unbedenklich. Das Wegbrechen von wichtigen Absatzwegen aufgrund des Zusammentreffens der ASP und der Corona-Pandemie Anfang 2020, sowie aufgrund steigender Futter- und Baukosten, erleiden die Schweinehalter seither enorme ökonomische Einbußen. Eine wirtschaftliche Produktion ist kaum noch möglich, ein beschleunigter Strukturwandel ist bereits erkennbar.

Mit dem Verbot der betäubungslosen Kastration seit 1. Januar 2021, mussten sich die Schweinehalter zusammen mit ihren Abnehmern auf ein Alternativverfahren (Jungebermast, Immunokastration, Kastration unter Vollnarkose) festlegen. Durch die Einführung der Ferkelbetäubungssachkundeverordnung (FerkBetSachkV), wurde es den Ferkelerzeugern ermöglicht, die Inhalationsnarkose mit Isofluran (nach Lehrgang und Prüfung) selbst durchzuführen. Die Umsetzung der Kastration unter wirksamer Schmerzausschaltung hat sich mittlerweile etabliert.

Um die von den vorgenannten Punkten besonders betroffenen Betriebe mit Zuchtsauenhaltung zu unterstützen, wurden in Bayern die Sachgebiete Nutztierhaltung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beauftragt, den Schwerpunkt ihrer Beratung auf die Ferkelerzeugung zu legen. Zusätzlich hat die Staatsregierung hat beschlossen, im Jahr 2022 die Beiträge zur Tierseuchenkasse für die Ferkelerzeuger in voller Höhe zu übernehmen. Darüber hinaus unterstützt Bayern weiterhin Investitionen im Bereich der Ferkelerzeugung mit den nach Agrarinvestitionsförderprogramm höchsten Zuschuss von 40 % der förderfähigen Ausgaben.

Geflügelhaltung

Der Verzicht auf die Schnabelbehandlung führt bei bayerischen Legehennenhaltern zu deutlichen Kostensteigerungen. Neben Umstellungen im Futter und Bereitstellung von Beschäftigungsmaterial gehören Tierbeobachtung und Tierbonituren zur täglichen Tierbetreuung.

Die von den Verbrauchern geschätzten Mobilställe für Legehennen wurden in den Berichtsjahren umfangreich errichtet. Mobilställe erfordern relativ hohe Investitionskosten sowie einen relativ hohen Arbeitszeitbedarf je Einheit. Der Mobilstall-Boom führt daher zu einer Steigerung der Vermarktungspreise für Eier. In Regionen mit geringer Kaufkraft kann die Preissteigerung nicht umgesetzt werden. Für die Geflügelbetriebe bedeutet dies ein Verlust an Rentabilität.

Bayerische Geflügelhalter investieren in die Steigerung des Tierwohls. Putenställe erhielten Beschäftigungsmaterial und durch Strukturierung des Stalles wurden Rückzugs- und Unterschlupfmöglichkeiten geschaffen. Damit wurden das Ruhe- und Fluchtverhalten sowie das Erkundungsverhalten der Puten gefördert. In der Hähnchenmast wurden verstärkt Ställe mit Kaltscharraum errichtet. Dieser überdachte zusätzliche Auslauf bietet ein trockenes Außenklima.

Mit dem Ende des Tötens von männlichen Küken von Legerassen gewinnt für bayerische kleine und mittlere Legehennenhaltungen das Zwei-Nutzungs-Huhn an Bedeutung. Die Züchtung verfolgt bei diesem Ansatz die beiden Ziele: Ei- und Fleischerzeugung. Der Freistaat Bayern unterstützt diesen Trend mit einer neutralen Leistungsprüfung für Zwei-Nutzungs-Hühner. Sie verschafft besonders Geflügelhaltern im Bio-Bereich eine Übersicht, welche Rassen für den eigenen Betrieb am besten geeignet ist.

Bienenhaltung und Imkerei

Bienenhaltung und Imkerei ist in Bayern gefragt. Nicht nur in ländlichen Regionen, sondern auch im urbanen Umfeld halten gerade auch junge Menschen ihre eigenen Bienenvölker und gewinnen den eigenen Honig. Die Anzahl der Völker stieg um 6 % auf aktuell 266 200 und die Anzahl der Imker um 4 % auf 42 500. Bayern hält damit über 25 % der deutschen Bienenvölker.

Diese Entwicklung wird durch eine vielseitige Förderung durch die Staatsregierung unterstützt. Hinzu kommt eine umfangreiche, flächendeckende Beratung und Bildung durch die staatliche Bienen-Fachberatung und den Bienengesundheitsdienst.

Bildungsangebote des Instituts für Bienenkunde und Imkerei (IBI) an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau runden das Angebot ab. Eine viel genutzte Ergänzung sind 60 Lehr-Videos, die im Internet unter Land.Schafft.Bayern „Imkerpraxis“ allen Interessenten zur Verfügung stehen. In Imkervereinen tauschen junge und erfahrene Imker ihr Wissen aus und lernen gemeinsam an „best practise“-Beispielen. Ehrenamtliche Bienenfachwarte und Bienensachverständige versorgen die Imkerschaft mit aktuellem Wissen rund um die Bienenhaltung.

Der Klimawandel stellt die Imkerei vor neue Herausforderungen. Die Verfrühung der Vegetation, das frühe Blühende der Trachtpflanzen im Sommer, Extremwetterereignisse wie Hitzeperioden mit bis zu 40 °C, Starkregenereignisse sowie lange Trockenphasen wirken sich zwangsläufig auf die Bienenvölker und auf die Honigqualität aus. In Forschungsprojekten sollen die Auswirkungen erfasst und Gegenmaßnahmen ermittelt sowie Handlungsempfehlungen für die imkerliche Praxis erarbeitet werden.